Ein Beitrag zur Postersesion auf der DINI Jahrestagung 2021
https://dini.de/veranstaltungen/jahrestagungen/22-dini-jahrestagung-2021/postersession/
Der akademische Weg in den Naturwissenschaften führt durch die Labore der Disziplinen. Daher ist in den Naturwissenschaften das Laborbuch bekannt und etabliert. Auch heute in Zeiten der Digitalisierung ist die häufigste Art der Labordokumentation immer noch die Papierform. Doch was passiert mit diesen Büchern, wenn sie voll sind? Wenn Forschende die Arbeitsgruppe wechseln oder für einen Zeitraum an einem anderen Standort forschen? Handschrift zu entziffern ist für Mensch und Maschine keine leichte Aufgabe, viel gesammeltes Wissen geht verloren, viele Experimente werden wieder und wieder gemacht, anstatt auf Erkenntnissen aufzubauen und sich auf Innovationen zu konzentrieren. Das alles kann man mit der Verwendung eines elektronischen Laborbuchs (ELB) erreichen.
Elektronische Laborbücher sind effektive Werkzeuge um kollaborativ und nachhaltig im Labor zu arbeiten. Dabei stehen sie ihren Vorgängern in Papierform in nichts nach: Allgemeine Prinzipien wissenschaftlicher Arbeit werden verfolgt, Resultate werden dokumentiert und Ergebnisse können konsequent selbst angezweifelt werden, alle Arbeitsschritte werden anhand eines Datensatzes protokolliert, Datenlöschung ist nicht möglich, Unveränderlichkeit wird durch Zeitstempel gewährleistet und das alles ist digital durchsuchbar über verschiedene Experimente hinweg. Mit der richtigen Archivierung kann so Mehrarbeit im Labor verhindert werden, die organisatorische Struktur im Laboralltag wird vereinheitlicht, wodurch sich ein Qualitätsgewinn ergibt und es kann transparenter kollaborativ gearbeitet werden.
Wir kommen an unserer Universität auf einen Laboranteil von 70 % innerhalb der Neubauten in den Naturwissenschaften, und wir haben in Gesprächen mit Wissenschaftlern festgestellt, dass man bei der Planung bereits ansetzen muss. Die Labore müssen mit geeignet ausgestattet werden, die Schnittstellen von Laborgerätschaften zum ELB müssen etabliert werden, außerdem ist es ist möglich mit eigenen auch mobilen Geräten direkt Beiträge in einem ELB zu bearbeiten. Die Vorteile der elektronischen Variante ergeben sich erst mit der Nutzung nach einiger Zeit und nicht in allen Bereichen findet sich sofort die Bereitschaft zu ELB. Es muss aufgeklärt werden welche Möglichkeiten zur Verfügung stehen und es besteht Unterstützungsbedarf insbesondere bei der Einführung. Nachwuchswissenschaftler sind hier der Punkt, an dem angesetzt werden muss, und das am besten schon am Anfang des Curriculums.
Um einen Kulturwechsel hin zu elektronischen Laborbüchern zu gestalten, kann man beispielsweise in der Biologie bereits im dritten Semester Studierende ihre verpflichtenden Laborarbeiten in elektronischer Form dokumentieren lassen. So lernen junge Wissenschaftler früh den Umgang mit elektronischen Laborbüchern und werden in der Forschung an diese neuen Standards anknüpfen. Aber auch in anderen Fächern, wie Medizin, Physik, Chemie, Pharmazie, Psychologie und den Ingenieurwissenschaften kann früh in der Lehre angesetzt werden, um dahingehende Standards in der Forschung zu etablieren. Insbesondere Open Source ELB Plattformen spielen aufgrund der Kosten für den Einsatz in der Lehre eine große Rolle. Als Baustein zur Stärkung der Daten- und Informationskompetenz kann der Einsatz von ELB in den Naturwissenschaften analog zum Einsatz von E-Portfolio-Systemen in den Geistes- und Sozialwissenschaften gesehen werden.