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Die Rolle der Künstlichen Intelligenz in den Wahlen 2024 und Ausblick auf 2025

Chancen und Risiken

Die Wahlen 2024 waren ein historisches Ereignis: 3,7 Milliarden wahlberechtigte Menschen in 72 Ländern gaben ihre Stimmen ab. Dabei spielte Künstliche Intelligenz (KI) eine zentrale Rolle – als Werkzeug, aber auch als potenzieller Risikofaktor für demokratische Prozesse. Wie Schneier in seinem Artikel „AI and the 2024 Elections“ betont, zeigte sich sowohl das enorme Potenzial von KI für eine verbesserte politische Kommunikation als auch die Herausforderungen, die sie mit sich bringt.

Mit Blick auf die kommenden Wahlen und insbesondere die Bundestagswahl 2025 in Deutschland stellt sich die Frage, wie sich diese Entwicklungen auf die deutsche Demokratie auswirken könnten und welche Lehren aus den globalen Erfahrungen gezogen werden müssen.

Chancen: Wie KI die Demokratie unterstützen kann

KI hat zahlreiche positive Anwendungen gefunden, die demokratische Prozesse effizienter und zugänglicher machen:

  1. Barrierefreie Kommunikation: Politiker nutzten KI-basierte Übersetzungen, um mit multikulturellen und vielsprachigen Wählerschaften zu kommunizieren. Indiens Premierminister Narendra Modi oder New Yorks Bürgermeister Eric Adams setzten diese Technologien gezielt ein, um ihre Botschaften verständlich und universell zugänglich zu machen. Auch in Deutschland könnten solche Technologien eine wichtige Rolle spielen, um eine diverser werdende Gesellschaft effektiver zu erreichen.
  2. Personalisierte Wähleransprache: KI-gestützte Chatbots boten den Wähler:innen die Möglichkeit, direkt mit Kandidat:innen zu interagieren. So konnte beispielsweise der japanische Politiker Takahiro Anno durch den Einsatz eines KI-Avatars tausende Fragen beantworten – ein entscheidender Faktor für seinen Wahlerfolg. Deutsche Parteien könnten solche Technologien auch verwenden, um besser gezielt auf regionale und lokale Anliegen von potenziellen Wähler:innen einzugehen.
  3. Effiziente Kampagnenführung: Durch die Analyse von Wählerstimmungen (Social Listening, Synthetic Voters) auf sozialen Medien und die Erstellung personalisierter Spendenaufrufe trug KI dazu bei, Kampagnen zielgerichteter zu gestalten.
    In der Bundestagswahl 2025 könnte KI insbesondere kleineren Parteien helfen, effizienter zu arbeiten und ihre Reichweite zu erhöhen.

Risiken: Herausforderungen für die Demokratie

Neben den Chancen bringt der Einsatz von KI auch gravierende Risiken mit sich:

  1. Manipulation durch personalisierte Botschaften: Die Möglichkeit, hochgradig personalisierte Nachrichten zu erstellen, kann zu einer subtilen Manipulation führen. Wähler:innen könnten dadurch in ihren Entscheidungen beeinflusst werden, ohne sich dessen bewusst zu sein. Gerade im Kontext der Bundestagswahl 2025, in der Themen wie Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und auch Themen wie Migration dominieren könnten, besteht die Gefahr, dass KI gezielt genutzt wird, um bestimmte Narrative zu verstärken. Migration könnte dabei besonders anfällig für manipulative Botschaften sein, da das Thema häufig emotional und polarisierend diskutiert wird.
  2. Gefahr von Fehlinformationen: Zwar waren Deepfakes und KI-generierte Desinformation 2024 weniger dominant als befürchtet, doch bleibt das Potenzial für zukünftige Wahlzyklen alarmierend. In Deutschland könnte eine Verbreitung manipulativer Inhalte zu einer weiteren Polarisierung der Gesellschaft beitragen. Besonders im Bereich Migration besteht das Risiko, dass schnelle, KI-generierte Inhalte Vorurteile verstärken oder falsche Informationen verbreiten, die gezielt auf Ängste und Ressentiments abzielen.
  3. Intransparenz: Der verdeckte Einsatz von KI in Kampagnen wirft Fragen zur Transparenz auf. Wähler:innen können oft nicht nachvollziehen, wie KI-basierte Tools ihre politische Meinungsbildung beeinflussen.
    Für die Bundestagswahl 2025 wäre ein offener, transparenter Umgang mit dem Einsatz von KI seitens der politischen Akteure sehr sinnvoll, da es durch den kurzfristigen Wahltermin vorab nicht realistisch ist, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Einsatz solcher Technologien im Wahlkampf regeln.

Empfehlungen: Wie wir Risiken minimieren können

Um das Potenzial von KI zu nutzen und gleichzeitig die demokratische Integrität zu wahren, bedarf es klarer Regeln und Ansätze:

  • Transparenz und Aufklärung: Parteien und Kandidat:innen sollten offenlegen, wie sie KI einsetzen. Klare Hinweise auf den Einsatz von KI-generierten Inhalten könnten das Vertrauen der Wähler:innen stärken. Dies wäre insbesondere vor der Bundestagswahl 2025 in Deutschland sehr sinnvoll und durch alle politischen Akteure kurzfristig realisierbar.
  • Regulierung von KI in der Politik: Gesetzgeber müssen Leitlinien schaffen, die den Einsatz von KI in Wahlkampagnen regeln. Dazu könnten Einschränkungen für Deepfake-Technologien und Richtlinien für den Umgang mit personalisierten Botschaften gehören.
  • Demokratische Kontrolle: Unabhängige Institutionen könnten den Einsatz von KI in politischen Prozessen überwachen, um Manipulation und Missbrauch zu verhindern oder mindestens transparent zu machen.
  • Förderung von ethischen Standards: Entwickler:innen von KI-Systemen sollten angehalten werden, ethische Prinzipien zu beachten, die eine faire und diskriminierungsfreie Nutzung von KI in der Politik gewährleisten. Solche Standards und deren Förderung sollte als kontinuierlicher Verbesserungsprozess angesehen und angelegt werden.
  • Bewusstseinsbildung: Wähler:innen sollten besser über die Chancen und Risiken von KI informiert werden, um ihre Medienkompetenz aber auch allgemein ihre Kompetenzen zu stärken und Manipulationsversuche zu erkennen.

Fazit

Die Wahlen im Jahr 2024 haben gezeigt, dass KI ein zweischneidiges Schwert ist. Sie bietet die Möglichkeit, demokratische Prozesse inklusiver und effizienter zu gestalten, birgt jedoch gleichzeitig erhebliche Risiken für Manipulation und Transparenzverlust. Mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl 2025 ist es entscheidend, aus den bisherigen Erfahrungen zu lernen und den Einsatz von KI verantwortungsvoll zu gestalten. Nur durch gute Regeln, ethische Standards und eine bewusste gesellschaftliche Reflexion kann KI zu einem Werkzeug werden, das die Demokratie stärkt, anstatt sie zu gefährden. Am Ende wird auch hoffentlich viel davon abhängen, wie zufrieden die Bürger:innen mit den späteren Arbeitsergebnissen der politischen Akteure sind, denen Sie als Wähler:innen ihr Vertrauen ausgesprochen haben: Aus der Perspektive bleibt zu hoffen, dass KI den „Realität-Check“ nicht überblendet oder verhindert.


Aktualisierung

Mit dem Thema KI und Wahlen hat sich auch der deutsche Bundestag beschäftigt, im Zusammenhang mit der Fortschreibung der Aufgabenplanung 2022 bis 2025 für das Jahr 2025 der Deutschen Welle (DW):

Die zunehmend von Künstlicher Intelligenz (KI) gestützte Verbreitung von gefälschtem Bild- und Videomaterial sowie von synthetischen Stimmen und Gesichtern befeuert Desinformation. Sie kann Gesellschaften weiter polarisieren, Vertrauen zersetzen und sozialen Zusammenhalt untergraben. Auf den sozialen Medien greifen Bots mit KI generierten Kommentaren in Diskussionen ein, befördern Hass und verbreiten mitunter antiwestliche Narrative und Verschwörungen. Vermehrt wurden Angebote der DW gefälscht, die die Glaubwürdigkeit der Marke DW instrumentalisieren, um Unwahres zu verbreiten.

Deutscher Bundestag, Drucksache 20/14361

Auch die positiven Aspekte sind Teil der Aufgabenplanung:

Die KI-gestützte Ausspielung von Inhalten verändert die Medienlandschaft, indem sie zu einer stärker auf individuelle Bedürfnisse zugeschnittenen digitalen Mediennutzung führt. Somit fragmentiert der Medienkonsum immer weiter. Zudem ist ein Anstieg des Wettbewerbs durch automatisiert erstellte Inhalte zu erwarten. Zugleich bietet KI großes Potenzial für die DW, die Bewältigung von Aufgaben zu beschleunigen und zu bereichern.

Deutscher Bundestag, Drucksache 20/14361